Bereits zum dritten Mal besuchte in der letzten Woche eine Schülergruppe aus Wojnicz unsere Schule. Dieses Mal führten die polnischen Jugendlichen gemeinsam mit ihren deutschen Austauschpartner*innen ein Projekt zum Thema „Kindheit und Jugend im Schatten des Nationalsozialismus“ durch. Im Rahmen dieses mit Mitteln des DJPW geförderten Projekts setzten sie sich vor allem mit Biografien unterschiedlicher Jugendlicher, die in der NS-Zeit lebten, auseinander. Bei unserem Besuch im Konzentrationslager in Auschwitz im Herbst des vergangenen Jahres war uns angesichts der Berge von Kinderschuhen und Spielzeug deutlich geworden, dass uns oft gar nicht klar ist, in welchem Ausmaß Kinder und Jugendliche von Verfolgung, Vernichtung und Krieg betroffen waren und auch heute noch sind.

Darum stellten wir diese Frage in den Mittelpunkt unseres Projekts. In Workshops, die von Mitarbeitern der „Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf“ geleitet wurden, befassten sich die deutschen und polnischen Jugendlichen intensiv mit Schicksalen von Kindern und Jugendlichen während der Zeit des Nationalsozialismus in Düsseldorf. Mithilfe sogenannter Memory-Boxen erstellten sie Präsentationen zu den Biografien von Tom, Marta und Klara. Der achtjährige Tom – ein jüdischer Junge – tauchte mit seinen Eltern in den Niederlanden unter und rettete sich von Versteck zu Versteck. Die 17-jährige Marta wurde 1941 aus Lodz in Polen zur Zwangsarbeit nach Düsseldorf verschleppt. Im Rahmen der sogenannten „Polenaktion“ wurden Klara und ihre Familie 1938 gemeinsam mit anderen Juden polnischen Ursprungs verhaftet, nach Polen deportiert und 1942 im Arbeitslager ermordet. In ihren Briefen an alte Freunde in Düsseldorf schildert sie den tristen Alltag im Getto und im Lager und bittet um Lebensmittel und um Kleidung.

Die Biografien zeigen, dass Tom, Marta und Klara einerseits Verrat und Verfolgung erfahren haben, andererseits aber auch, dass Menschen ihnen halfen und damit Zeichen der Hoffnung setzten. Diese personalisierte Geschichte sprach die Schüler*innen an und führte zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Thematik.
Uns war vor allem auch die Erkenntnis wichtig, dass man – konfrontiert mit Unrecht, Gewalt und Verfolgung – als Nichtbetroffener unterschiedliche Handlungsoptionen hat: Anpassung und Mitläufertum oder Widerstand, Solidarität und praktische Hilfe.

Diese Einsicht lässt sich auch auf das heutige Leben von Jugendlichen in Europa und der Welt übertragen, denn auch heute sind Kinder in vielfacher Weise von Not und Gewalt betroffen, z.B. durch Hunger, Kinderarbeit, Krieg und Flucht.

Eine „Stolperstein-Stadtführung“ zeigte, wie sehr der Nationalsozialismus das Leben der Menschen in Düsseldorf beeinträchtigte. Themen der „Stolpersteine“ waren u.a. das Schicksal der Roma und der Juden und das Ausmaß der Kriegszerstörungen.

Auch am Donnerstag stand die NS-Zeit im Fokus. Die Schüler*innen besuchten die Steinwache in Dortmund und setzten sich mit den Verhörmethoden der Gestapo und dem Schicksal der polnischen Zwangsarbeiter auseinander.

Der Besuch des Fußballmuseums in Dortmund, des Filmmuseums in Düsseldorf und eine Schifffahrt auf dem Rhein rundeten das Programm ab – nicht zu vergessen auch ausgedehntes Shopping.

Am Freitag besuchte die Gruppe die Kluterthöhle in Ennepetal. Zum Glück verirrte sich niemand in einem der 300 Gänge, sodass die Austauschschüler*innen am Abend pünktlich ihre 19-stündige (!) Heimreise antreten konnten.

Der nächste Austausch befindet sich in der Planungsphase. Im Oktober sehen wir uns in Wojnicz wieder.

Wege zur Erinnerung – Ein Projekt der WKGE mit der polnischen Austauschschule in Wojnicz
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